Sonntag, 8. Januar 2012

Weihnachten 2011

Diesmal entdecke ich mich, mitten in der Weihnachtszeit nachdenkend in die Lichter blicken, währen der Zug weiterrollt. Eine traurige Stimung macht sich breit. Denn es ist Weihnachten.

Ein Fest der Liebe, ein Fest der Familie, ein Fest des Lachens, des Treffens, des Schmausens und der Geschenke.

Viele Gedanken daran sind schon verschwendet, doch wenngleich mich das auch die Augen zusammenkneifen lässt, denke ich heut an anderes.


Ich stehe mitten in der Stadt und genieß meine Ruhe inmitten des Getümmels, denn heute ist Weihnachten. Die Innenstadt ist gefüllt von hektischen Menschen, Menschen, die sich das Beste immer zum Schluss aufheben – positiv ausgedrückt.

Gedanken an Familie kommen auf, an Pflichten und Stress, an aufgesetzte Stimmung und gutes Essen.

Ein Mann hetzt mit Telefon am Ohr und bepackt mit Taschen, die darauf schließen, dass er wohl bis heute morgen noch kein Geschenk hatte, an mir vorbei mitten in eine Frau rein. „'sch'l'ung“, säuselt der. Heute wäre das eigentlich fatal, kommt mir in denn Sinn, doch diese Frau verdreht bloß die Augen und geht weiter – ist ihr heute wohl schon öfter passiert.

Ich gebe zu, ich gehe heute gerne spazieren. Obwohl ich viel mehr Ruhe genießen könnte, wenn ich durch den menschenleeren Wald flaniere oder unten am Fluss, wo ich allein mit mir und dem Plätschern des Wassers wäre, geh ich doch heut lieber in die Stadt und schaue in Gesichter.

Hmmm, in 3 Stunden ist Weihnachten. „Sehr besinnlich“, denk ich mir, während ich nur Getümmel seh und gestresste Menschen. Ich versuche an Weihnachten zu denken.

Wie es doch so ein Tag schafft, Menschen so zu verausgaben wie heute, ist echt erstaunlich.


Ich flaniere weiter und finde Einsamkeit, ich finde traurige Gesichter, ich finde erbärmliche Zustände. Ja, heute ist Weihnachten. Diesen auch schöne Weihnacht. Mögen sie ein Licht finden.


Einen Dank flüstere ich der Dame zu, die grad ihren Laden schließt. Sie hört mich nicht, die Scheibe ist zu dick. Aber anders hätte sie meine lautlosen Lippenbewegungen auch nicht wahrgenommen. Nicht, dass ich ihr Dankbarkeit schulde, aber sie verdient sich jetzt ihr Weihnachten.


Die Schwester hetzt ins nächste Zimmer. Heute ist Weihnachten. Der Patient liegt im Sterben. Zehn Minuten später schlägt der Puls wieder normal, die Schwester genießt das monotone Piepsen des EKGs. Ich flüstere einen Dank. Auch wenn sie mich nicht hört, weil Straßen um Straßen, Stahl und Beton zwischen uns liegen. Aber ich danke ihr und wünsche Frohe Weihnachten.


Der fünfte Einsatz heute. „Frohe Weihnachten“, denk ich mir und sehe den Polizeiwagen an mir vorbeirauschen. Mit Blau und Martin, mit Licht und Getöse. Kurz dahinter 112. Danke.


Frohe Weihnachten


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