Donnerstag, 30. September 2010

Todesnah

Ist es nicht schon wirklich seltsam, wenn man gerade über ein Thema nachdenkt und dann es überall aufschnappt egal wo man ist, was man tut und wohin man geht. Bestimmt ist es jeden schonmal so ergangen und hat dann den Kopf geschüttelt oder ganz aufgeregt seinen Freunden erzählt, was einem "Krasses"- wie es neudeutsch ausgedrückt wird - passiert ist.

Das liegt aber wohl psychologisch begründet, da man versucht sich durch solch aufgeschnappte Bemerkungen und Gesprächsfetzen, gerade eine Bestätigung für sich zu filtern. Dadurch bekommt der Gedanke ein ganz anderes Gewicht. Nun wird, vor allem für einen speziell, die Idee in den Vordergrund gerückt, was sie wichtig und bedeutend scheinen lässt.

Wie dem auch sei, mir ist letztens sowas passiert - ich bin ja schließlich auch nur ein Mensch und mir dürfen auch krasse Sachen passieren.
Jedenfalls dachte ich über das Thema Tod nach, wie er wohl philosophisch begründet liegt, analog theologisch. Für die, die nicht an etwas glauben psychologisch -wie es ausgelöst durch Ideale, Vorbilder, übernommene Ideen das eigene Bild prägen. Genauso dachte ich an die Angst davor, die meines Erachtens total unbegründet ist. Wenn überhaupt hat man Angst vor dem Leid, dem körperlichen Verfall, der Hilflosigkeit und der Abhängigkeit - also eher Angst vor dem Alter, als vor dem endgültigen Ende. Der körperliche Zerfall, der uns eigentlich tagtäglich begleitet, aber wohl erst richtig im Alter seine Zeichen in den Körper gräbt, lässt nicht ab von uns, wenn wir morgens in den Spiegel zwinkern und immer wieder der Gegenüber uns unentdeckte und unbekannte Seiten aufzeigt. Das Leben lässt sich schon an solchen Meilensteinen abstecken. Der erste Pickel, die erste Narbe, das erste Barthaar, die ersten zuvielen Haare im Kamm, die erste Furche im Gesicht, das kommende Grau, das weniger werdene Grau, das verschwundene Grau und so fort.

Kurz danach lese ich in der Zeitung, wie die japanische Regierung zuerst angenommen hat, Zehntausende von Hundertjährigen im Staat wohnen haben. Als sie aber dann einen zum 111 Geburtstag gratulieren wollten, fanden sie allerdings nur das Skelett. Nett, wenn man bedenkt, dass diese Person nicht die einzige ist, der es wohl so ergangen ist. Auslöser für das untote Dasein dieser Menschen, sind wohl die Angehörigen. Nicht, weil sie diese Person einbalsamieren wollen, oder gerne als Henkerschmuck im Haus stehen haben. Nein, sie gieren nach deren Rente, die sie wohl per Vollmacht bekommen haben. Der kleine, gelbe Mann freut sich. In Deutschland ist das übrigens nicht möglich, wie so fast überall in der Welt, da man ab einen Lebensnachweis vorbringen muss. Aber wie das genau funktioniert, ist mir selber nicht ganz bekannt.


Dann schau ich mir einen Bericht im Fernsehen an, indem es über die Alkoholleichen auf der Wies'n geht, die die Sanitäter "ausgegraben"haben (korrekt: ... wohl vom Besoffenenberg gescheppt haben, sie unter den Bänken rausgezogen haben, oder die ihnen direkt in die Arme getragen wurden), die es in der ersten Woche dort gab.
Ich für meinen Teil, selbigen für mich denkend, habe Unverständnis, wie man so flüssig sowohl im Blutalkohol und in der Geldbörse sein kann. Ich rechne mal pro Tag dort 6-8 Maß, ganz nach Körperstatur und Geschlecht, plus Nahrungsgrundlage für jenes Besäufnis. So, mach das mal 4x in der Woche und schon bist du 240 Euro los, wobei es wohl nicht dabei bleiben würde, da das Fahrgeschäft, die Bude und der Stand auch noch lockt, Taxi bezahlt werden muss und Freunde eingeladen werden wollen. Ich persönlich kann mir das nicht leisten - will ich auch gar nicht, weil diese Tage im Delirium tausche ich gerne in ein paar Tage Urlaub ein, wo ich mir zwar auch das ein oder andere Getränk gönne, aber noch viel von dem Tag haben werde. Außerdem stehe ich auf lange Beziehungen und die Dauer bestimmter, im Bierzelt kennen gelernter Persönlichkeiten, verzogen durch Alkohol und Sprache, halten wohl nicht lang. Für den einen oder anderen wohl vielleicht noch bis zum nächsten Aufwachen, aber entstanden ist dadurch wohl noch nicht viel; außer - im schlimmsten Fall - Kinder.

Ja, dann später auf der Fahrt zur obig gerade thematisierten Jahrmarktzecherei - ich bin ja auch nur ein Mensch - reden da zwei Frauen, noch leicht außer Atem, da der Regen sie über den Bahnsteif gehetzt hat, über den Zustand ihres verfallenden Körpers: Die gesundheitlichen Beschwerden des Gatten, die noch obigerer genannten Japaner und den Herrn Nachbar, dem es Anfangs Mai noch wunderbar ging, dann kann das böse Wettertief und das arme Gottesschaf wurde noch vor dem 82 Winter in die ewigen Jagdgründe geleitet.

Ganz vergessen hätte ich beinahe noch diesen mehr oder minder aufgebrachten Menschenauflauf von 8 Personen, begleitet von der Polizei. Tatort: Viktualienmarkt. Ein blutiges Banner hochhaltend erscheint der Schlachtruf einer 25-jährigen Frau: "Fleich gehöööööhrt...???" Ja denk ich mir, was denn nun. Auf eurem Tuch steht, Massenmörder. Die sieben anderen, die ihren Lebensstil wohl als alternativ-indie-tierlieb bezeichnen, krakeelen im Chor: "...abgeschafft!!!"
Soso, abgeschafft also. Schön, denk ich mir, soll ich dir was sagen? Ich esse nicht Fleisch, weil es mir schmeckt. Nein, ich hasse Tiere und es erfüllt mich mit Befriedigung, sie zerkaut und verdaut in mir zu wissen.
Ich finde das ganze eher ganz amüsant, so eine Demonstration. Es wird aber dann irgendwie schon zuviel als die Führerin predigt, ich sei ein Mörder, eine gefühllose Kreatur, nur weil ich dem Fleischverzehr zusage. Ich bin zwar viel, aber lange kein Mörder. Nur das oberste Glied in der Nahrungskette. Wenn die Menschen wüssten, was für welche Stiche sie mit dieser Anschuldigung ins Herz rammen, dann denk ich mir, wer ist hier ein Mörder?

Wenn ich sterben wollen würde, dann so rummps - weg bin ich.
So, jetz is gut.

Samstag, 11. September 2010

Fragen

>Das Land ist geistig und sprachlich nichtmehr wiederzukennen. Es herrscht Krieg, und es ist auch unser Krieg. Ich bin auch bloß verwirrt.
Natürlich bin ich zu jung um für immer zu reden und gestern verblasst schon im Nebel des Vergessens. Aber wer denkt noch an damals, wer denkt noch an bald und wen interessiert noch der Andere und das viele andere, das jeden Tag den Geist verformt und uns Richtung Ideen drängt, deren wir nicht eigener Herr sind? Was ist man? Nur noch Zahn eines Rades im Uhrwerk der gesamten Anderen?